Mediation und das liebe Geld.
Was kann ich als Mediator machen, wenn eine Partei eine Mediation durchführen will und die anderen sich sperren und/oder sich nicht an den Kosten beteiligen wollen?
Der Fall: Eine Familie mit einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb streitet um das Erbe. Seit 4 Jahren. Mit anwaltlicher Unterstützung. Einer der Erben will den Streit beenden, um die Erbengemeinschaft auflösen zu können. Er war es auch, der als erster eine Anwältin beauftragt hatte. Nun will er den eskalierten Streit mit einer Mediation beigelegen. Ob die anderen Erben einer Mediation zustimmen und sich an den Kosten beteiligen werden, weiß er nicht.
Was tun? Wie kann man vorgehen?
Mein Vorgehen war Folgerndes: Ich habe die Mediation in ganz kleine Schritte geteilt und jeden dieser Schritte einzeln beauftragen lassen.
Schritt 1. Erstgespräch mit dem Erben.
In dem ersten Gespräch mit dem Erben habe ich ein moderiertes Klärungsgespräch mit dem Ziel vereinbart, die Bereitschaft der anderen Erben zur Mediation zu prüfen oder wenn möglich herzustellen.
Bei dem ersten Angebot habe ich von einer Mediation ganz bewußt Abstand genommen. Ich konnte selbst noch nicht einschätzen, ob die Situation tatsächlich für eine Mediation geeignet ist. Darüber hinaus war unklar, welcher Aufwand grob geschätzt notwendig ist, um den Konflikt zu klären, ob die anderen Erben einer Mediation zustimmen und teilnehmen – und welchen Wert sie der Auflösung der Erbengemeinschaft zumessen und wie sie die Anwältinnen einbinden wollen.
Was deutlich zu spüren war, dass das Honorar eine zentrale Rolle spielt, zumal die Forderungen der Anwältinnen immer wieder thematisiert wurden. Ein pauschales Angebot – mit einem angemessenen Stundensatz bei einer noch nicht bekannten Stundenzahl war nicht vermittelbar.
Wahrscheinlich wird jedes Angebot, dass die gesamte Komplexität des Vorhabens, den gesamten Aufwand der Mediation abbildet, die Parteien „emotional“ überfordern und dazu führen, dass sie es ausschlagen. Die Herausforderung im ersten Schritt bestand also darin, eine Handlungsbasis zu finden, die bei allen Parteien, ihnen und mir ein „gutes Gefühl“ erzeugt und akzeptiert werden kann.
Dazu habe ich versucht, das Risiko einer möglichen Fehlentscheidung in der Wahrnehmung des potenziellen Medianten, auf eine einfache Entscheidungsaufgabe zu reduzieren.
Ich habe die Komplexität des Angebotes auf seinen Preis reduziert. Er soll mir nur das bezahlen, was ihm die Klärung der Bereitschaft seiner Geschwister, sich an der Mediation zu beteiligen Wert ist: 2 Stunden oder 4 Stunden oder bei Bedarf entsprechend mehr.
Er mußte sich nicht erklären. Er mußte sich in der Vorphase der Mediation nicht rechtfertigen, warum Ihm das insgesamt wahrscheinlich sehr komplexe und teure Projekt vielleicht überfordert und ich konnte mein Angebot brauchte mein Angebot, eine „Entscheidungsvorlage“ für das weitere Vorgehen – Abbruch oder weiterführende Gespräche – nicht zu erklären.
Die Frage war als nur noch, wieviel Zeit ist er bereit in die Klärung zu investieren?
Was ist ihm die Streitlösung wert? 2 Stunden, 4 Stunden, mehr?
Er war bereit 2 Stunden zu investieren – explizit auch dann – wenn das Gespräch scheitert und eine Mediation nicht möglich wird. Wer organisiert den Termin? Das wollte er selbst machen. Die Einladung klappte. Der Termin fand statt.
Schritt 2. Moderiertes Klärungsgespräch als Auftragsklärung
Der gemeinsame Termin begann mit einer Bestätigung dessen, was in der Wahrnehmung der anderen Geschwister maßgeblich zu der aktuellen Situation, dem Streit geführt hat: Mit einer Überschreitung der Kompetenzen und der Verletzung der Bedürfnisse der anderen durch den Bruder, der mich beauftragt hatte.
Die anderen Parteien waren überrascht, als sie hörten, dass sie die Mediation anteilig bezahlen sollten. Er hatte es den anderen Erben verschwiegen.
„Ich weiß, dass die Mediatoren in Berlin z.T. pro bono arbeiten oder maximal 60€ pro Stunde berechnen. Aber nicht diese Preise! Du hast als erster einen Anwalt eingeschaltet, jetzt einen überbezahlten Mediator. Den bezahlst du selbst. Wir sind da raus.“
Jetzt zahlte sich aus, dass das Klärungsgespräch und nicht die Mediation unabhängig von den anderen Erben beauftragt war. Ich fragte sie, ob sie bereit sind sich an dem Klärungsgespräch zu beteiligen, wenn ich die Frage der Kosten für eine mögliche weiterführende Mediation einfach hintenanstelle. Das war aus ihrer Sicht okay. So konnte ich Auftragsklärung trotz dieses neuen Konfliktes durchführen.
Die Auftragsklärung war eine Mediation vor der Mediation.
Nach den 2 Stunden habe ich die Parteien gebeten einzuschätzen, wo sie stehen und ob sie gewillt sind, sich an einer Mediation zu beteiligen, ob es ihnen das Wert ist.
Grundsätzlich waren sie für eine Mediation offen, wollten sich aber nicht an den Kosten beteiligen.
Es gab ein kurzes Streitgespräch zwischen den Erben. Dabei stellten sie fest, dass sie jetzt, noch VOR der eigentlichen Mediation ja schon sehr viel weiter seien als nach allen anwaltlichen Briefen und Terminen: „Wir könne wieder miteinander reden.“ Sie verglichen die bisherigen Kosten und die zu erwartenden Kosten und kamen dann zu der Erkenntnis, dass sie dann doch eine Mediation beauftragen wollten.
Auch hier habe ich wieder das Prinzip der kleinen Schritte angewandt: „… Sie bezahlen nur, was es ihnen Wert ist.“ Das hat ihnen Sicherheit gegeben. Zwar lehnten die anderen Erben es noch immer ab, sich an den Kosten des vorangegangenen Klärungsgespräches zu beteiligen, erklärten aber, dass sie bereit sind, weiter mitzuarbeiten und ihren Anteil an der kommenden Mediation selbst zu bezahlen.
Schritt 3. Die Mediation
Für den nächsten Schritt haben wir als Ziel festgehalten, dass sie ihre jeweiligen Positionen darstellen können und wir versuchen die eigentlichen Interessen und die Bedürfnisse der jeweils anderen zu verstehen. Dann habe ich sie gebeten, diesen Zielen einen Wert zuzumessen: 2-4-6 Stunden?
Es wurden 4 Stunden als Limit vereinbart. Nach 2 Stunden haben sich die Parteien darauf verständigt, den Termin abzubrechen. Sie hatten bemerkt, dass sie gut vorwärtskommen, brauchten wohl aber auch Zeit für sich – besser für die im Hintergrund stehenden Familien. Wir vereinbarten direkt einen neuen Termin – und gleich die Zielsetzung und den Zeitrahmen für diese Aufgabe. Die neue Zielsetzung war, die Erbauseinandersetzung als Solche abzuschließen. Jetzt waren die Parteien bereit, eigenverantwortlich zu handeln und die Mediation als ihre Lösung anzunehmen.
Der nächste Termin dauerte 4 Stunden und wurden mit einer Vereinbarung zur Erbauseinandersetzung beendet. Im Anschluß haben die anderen Erben dann auch anteilig, ohne jede Frage die Kosten für das Klärungsgespräch übernommen.